In
der Nacht hat jede Fassade ihre beste Zeit, ihre größte
Wirksamkeit und Ausstrahlung. Denn während im diffusen Tageslicht
auch das schönste Ornament in der Formenvielfalt des städtischen
Umfelds untergeht, bietet die Dunkelheit die Chance, aus dem umgebenden
Schwarz isoliert hervorzutreten und ein kontrastreiches Prunkgewand
aus Licht und Schatten anzulegen. Licht gewinnt seine ästhetische
Wirkung erst im Zusammenspiel mit dem Schatten. Eine Beleuchtungssituation
kann flach und flau, oder aufregend und brillant sein. Während
der Betrachter nur die Stimmungswirkung von Licht spürt, weiß
der Lichtgestalter, wie man diese technisch herstellt. Der wesentliche
Unterschied liegt darin, ob ein Gebäude einfach angestrahlt
aussieht, oder die Magie des Erstrahlens verströmt,
weil es selbst als von innen her leuchtend erscheint. Dies ist nicht
nur ein ästhetischer, sondern auch ein symbolischer Unterschied:
denn während ein Gebäude bei Tag nur passiv sich betrachten
lassen kann, zeigt es in der Nacht aktiv sich selbst her, in dem
es sich beleuchtet und Licht ausstrahlt. Tags ist eine Fassade nur
ein möglicher Gegenstand der Betrachtung, nachts hingegen verbindet
sie sich mit ihrer Beleuchtung zu einem neuen Medium, das wie die
Fotographie aus Licht ein Bild erschafft, und nicht bloß abbildet.
Indem ein Gebäude mittels Licht ein Bild von sich gibt, verwandelt
es seine steinerne Realität zu einer symbolischen. Der Begriff
der Repräsentation meint nichts anderes, als daß etwas
dem menschlichen Blick anwortet, indem es sich von sich aus zeigt.
Wer sich selbst repräsentiert, antizipiert damit in höflicher
Weise das Angeblicktwerden dies ist sozusagen die psychologische
Seite des Kommunikationsmediums Illumination. Erst das nächtliche
Licht verwandelt ein Gebäude in ein Symbol.
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